Soziokratische und demokratische Organisationsstruktur

Soziokratie bedeutet im Sinne der gemeinsamen Ziele gemeinsam zu entscheiden und zu steuern unter Nutzung der kollektiven Intelligenz.

Die soziokratische Struktur als tragende Organisationsform ist in den Trägerverein der Freiraum – Schule in freier Trägerschaft installiert und soll, soweit für die Kinder möglich, im Schulalltag gelebt werden.

Da die Soziokratie in der Bildungslandschaft in Deutschland noch immer recht unbekannt ist, möchten wir diese Organisationsform hier etwas erläutern. Der Begriff Soziokratie leitet sich aus dem lateinischen Wort „socius“ und dem griechischen Wort „kratein“ ab und bedeutet so viel wie: Die Herrschaft der Gefährten, die Macht der Verbündeten oder die Kraft der Mitglieder. Inhaltlich geht es darum, wie die an einer Sache Beteiligten ihre Kraft im Sinne der gemeinsamen Sache und im Hinblick auf das gemeinsame Ziel einsetzen und tragfähige Entscheidungen treffen können.

Wir wollen dem Anspruch gerecht werden, Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, entscheidungsfähige, selbstbestimmte und für ihr Handeln verantwortliche Menschen zu werden. Daher müssen sie die Erfahrung machen können, dass ihre Meinung gehört wird und von Belang ist, dass sie etwas bewegen und erreichen können. Der Aufbau dieser Selbstorganisation wird unterstützt durch die täglichen Kreise (z.B. Morgen- und Tagesabschlusskreis, Präsentationskreise, etc.) und vor allem die Schulversammlung, die die Möglichkeiten bieten, über Probleme und Anliegen zu sprechen.

Im pädagogischen Konzept der Freiraum – Schule in freier Trägerschaft sind die vier Grundwerte (Gleichwürdigkeit, Integrität, Authentizität und Verantwortung) beschrieben, die die Grundlage für den Umgang mit sich selbst und miteinander bilden. Die soziokratische Kreismethode deckt sich mit diesen. Sie gibt unserer Schule eine klare Organisationsform, in der jeder seinen Platz finden und sich verantwortlich beteiligen kann. Dies führt zu einer stärkeren Identifizierung mit der Schule und einem lebendigen Gemeinschaftssinn, der die Individualität und Unterschiedlichkeit wertschätzt.

Im Schulalltag, in Kursen, Projekten, auf Exkursionen erleben sich die Kinder und Jugendlichen als Gruppe. Sie arbeiten gemeinsam an einer selbst gewählten Aufgabe, gehen dabei soziale Bindungen ein und erleben Abhängigkeiten voneinander. Sie lernen, gemeinsam nach Lösungen für anstehende Probleme zu suchen und Verantwortung für sich und die Gruppe zu übernehmen. Die Kinder erleben, dass sie Einfluss- und Veränderungsmöglichkeiten haben, dass sich ihr persönlicher Einsatz lohnt. Des Weiteren zeigt sich die Mitbestimmung auch in der Ausgestaltung der Lernräume und der zunehmenden Selbstorganisation des Lernens. So nehmen wir die Kinder und ihre Frage Wer bin ich in dieser Welt?” und Wie fühle ich mich selbst in dieser Welt (die ich selbst erschaffen möchte)?” ernst.

Dabei entwickeln die Kinder gemeinsam mit den Lernbegleitern Lösungen, Regeln und Pläne, wobei alle den gleichen Gesprächsregeln unterliegen. Mit fortschreitendem Alter bzw. zunehmender Reife treten die Lernbegleiter immer mehr in den Hintergrund.

Die soziokratische Schulversammlung

Die Schulversammlung erfüllt mehrere Zwecke. Sie ist Mittel zur Informationsverbreitung, dient als Beratungsform, ist ein Instrument der Beteiligung, ist Ort der Gemeinschaftsbildung, ist Entscheidungsgremium und dient als Führungsinstrument.

Mitglieder der im wöchentlichen Turnus stattfindenden Schulversammlung sind alle Schüler, Lernbegleiter sowie die Elternvertreter (diese werden in einer “offenen Wahl”, s.u. gewählt).

Elternvertretung

Die ElternvertreterInnen sind die Vertretung des Elternkreises. Sie wirken in Angelegenheiten, die für die Schule von allgemeiner Bedeutung sind, beratend und in ihrem Arbeitskreis beschließend mit. Somit stellt die Elternvertretung ein demokratisches bzw. soziokratisches Gremium dar, das gemeinsame Verantwortung für die Gestaltung des Lebens der Kinder und SchülerInnen übernimmt. Die Elternvertreter arbeiten ehrenamtlich und unentgeltlich. Die durch eine offene Wahl durch den Elternkreis (alle Erziehungsberechtigten der Schülerinnen und Schüler) gewählten Elternvertreter üben das Mitbestimmungsrecht der Eltern für die Dauer von 2 Jahren aus.

Schülervertretung

Die SchülervertreterInnen nehmen die Interessen des Schülerkreises (alle Schülerinnen und Schüler) gegenüber den Schulaufsichtsbehörden und der Öffentlichkeit wahr und üben die Mitbestimmungsrechte der SchülerInnen in der Schule aus. Die Mitglieder der Schülervertretung werden vom Schülerkreis durch eine offene Wahl gewählt. Die Schülervertretung vertritt demnach vorrangig die Interessen der Schüler. 

So erleben alle Kinder, dass sie Einfluss- und  Veränderungsmöglichkeiten auf die Gestaltung der Schule haben: sei es die Mitgestaltung der Lernräume oder die zunehmende Selbstorganisation ihres Lernens. Nicht nur die Schülervertreter können aktiv an der Gestaltung ihrer Schule mitwirken, sondern der gesamte Schülerkreis. Die Schülervertretung übernimmt demnach dabei eine Mittlerrolle: zum einen ist sie eine Anlaufstelle für die SchülerInnen, wenn diese Fragen oder Probleme haben, zum anderen Ansprechpartner für die LernbegleiterInnen oder die Schulleitung.

Basisregeln der soziokratischen Kreismethode

Konsentprinzip

In der Praxis werden in soziokratischen Organisationen alle Beschlüsse soziokratisch, also im Konsent, gefasst, da diese Methode sicherstellt, dass niemand übergangen wird und die gemeinsame Intelligenz zur Geltung kommen kann. Konsent bedeutet:

  • Es gibt keine schwerwiegenden und begründeten Einwände gegen einen Lösungsvorschlag im Sinne der Ziele.
  • Gibt es – trotz erneuter Meinungsrunde – weiterhin einen schwerwiegenden, begründeten Einwand, kann der Lösungsvorschlag derzeit nicht beschlossen und muss vertagt werden.

Der Konsent „regiert“ die Beschlussfassung. Das heißt, bei Bedarf kann im Konsent auch eine andere Art der Beschlussfassung beschlossen werden (z.B. Mehrheitsprinzip, autokratische Entscheidung Einzelner, systemisches Konsensieren, etc.).

Die offene Wahl

Durch die offene Wahl bekommen die Schulmitglieder Wertschätzung und offenes Feedback zu ihren Kompetenzen und Eigenschaften. Es werden klare Aufträge von der Gruppe formuliert, die im offenen Gespräch ihre Auftragnehmer selbst wählt. Die gewählten Beauftragten genießen dadurch das Vertrauen der Schulmitglieder und können sich auch in oft neuen Rollen angstfrei erproben.

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